"Ach, hier gibt's die preiswerten Bücher!" brüllte Jochen Malmsheimer auch nach der Vorstellung im Bestwiger Bürger- und Rathaus noch vom Foyer aus ins Treppenhaus. Da der Verlag mit seinen Texten eine viel höhere Auflage gedruckt hatte als für seinen Eigenbedarf erforderlich, zeigte er sich bereit, die Bücher gegen eine Trennungspauschale abzugeben. So schnell, wie der Kabarettist auf der Bühne spricht, ist es gut, das eine oder andere noch einmal nachlesen zu können. Andererseits muss man ihn live erleben. Denn wie Malmsheimer mit seiner sonoren Stimme brüllt, krächzt, wimmert und säuselt, machte er auch sein drittes Gastspiel in Bestwig zu einem besonderen Erlebnis.
Psalmen der Sorge
Die Hose erfuhr ihre besondere Würdigung in einem Psalm, um die Sorge sogleich in Poesie zu kleiden: "Und nun, Hose? Wer gab dir ein, dass du dich weigerst nun seit kurzer Zeit, den Träger ärschlings zu bedecken, wie du's tatest von alters her? Was trieb dich, abzusacken unter jene beiden Backen?"
Auch das Niveau des Fernsehens sieht Jochen Malmsheimer abgesackt: "Verweht die Tage, Fernsehen, da du Inhalte bot'st, bist heute nichts als Hülle, äuß're Form oder, wie du das gerne nennst: Format! Das aber, Fernsehen, ist ein Irrtum, gerade Format ist's, das so deutlich wir vermissen!"
Intraabdominale Konvektion
Da passt es, dass die Männer um die 50 sich entweder diesem Niveau anpassen oder aber mit der Hantel in die Hände von Turnlehrern begeben. Denn ihr Körper leidet mit: "Äquitorial tut sich einiges, in der hominiden Entsprechung der Plattentektonik ändern die Kontinente ihre Gestalt. Während die rumpfmuskuläre Waschbrettplatte in die Subduktionszonde hinabtaucht, um dort aufgeschmolzen zu werden, türmt sich nun in Folge intraabdominaler Konvektion das Bauchgebirge auf."
Malmsheimer spielt mit der Sprache, wird mal rau und mal poetisch. Kein Wunder also, dass er auch das Archiv des Dudenverlages in Mannheim besuchte, wo die deutsche Sprache wohnt. Und wo er einer Diskussion zwischen den Millionen archivierter Begriffe beiwohnen durfte, als seine Alphabetabilität, das Wort "Glibber", über die Aufnahme des Wortes "chillen" in den deutschen Wortschatz abstimmen ließ: "Frei muss Sprache sein und offen für jeden Einfluss! Bildet ein Wort das ab, was der Sprecher auszudrücken wünscht, ist es gut und richtig und am Platz, egal, ob es aus dem Arabischen, dem Französischen, dem Englischen oder gar aus dem Neolithischen kommt. Nicht, wo es herkommt, ist entscheidend, sondern wo es bleibt."
Appell für Toleranz
So geriet Malmsheimers Vortag ganz nebenbei noch zu einem Appell der Toleranz: "Wörter allein sind nur Geräusch, die Gemeinschaft erst macht uns zum Text! Und damit zu etwas Besonderem!"
Die knapp 400 Zuschauer im fast ausverkauften Bürgersaal waren begeistert - und nahmen dann auch so manches Buch mit nach Hause.