"Corona-Leugner sind faule Säcke!"

Die Pandemie macht Christian Ehring auf der Bühne zum "Antikörper" - er sammelt die Argumente der Verschwörungsanhängern und zerlegt sie

Zum Schluss fragte Christian Ehring das Publikum: "Soll ich noch einmal versuchen, mit Justus Kontakt aufzunehmen?" Die Mehrheit der 150 Besucherinnen und Besucher war dafür. Diese Abstimmung stand am Ende eines äußerst unteraltsamen, aber auch nachdenklichen Abends mit dem Kabarettisten am Freitagabend im Bestwiger Bürger- und Rathaus.

Justus ist Corona-Leugner, hat aber eine Tochter, die für Fridays für Future demonstriert. Als Corona begann, wollte er heiraten, doch dann war unklar, ob Bräutigam und Braut überhaupt noch gemeinsam am Altar stehen dürfen. Nach und durch die Corona-Pandemie liegt die Hochzeit aber inzwischen wieder in der Ferne, und die beiden machen eine Paartherapie. "Sie schreien sich nicht mehr an, sondern senden nur noch Ich-Botschaften aus", beschreibt Christian Ehring den zweifelhaften Erfolg. "Früher sagte Justus' Freundin: 'Du bist ein egoistisches Arschloch'. Jetzt sagt sie: 'Ich bin traurig, weil Du ein egoistisches Arschloch bist'." Und inzwischen geht Justus sogar auf die Straße, um gegen die Einschränkung seiner Grundrechte zu demonstrieren. Christian Ehring erwidert ihm klipp und klar: "Ich sehe da immer weniger Grund. Aber immer mehr Rechte."

Corona-Politik ist wie Pilze ammeln

Die Freundschaft zu Justus ist der rote Faden in Christian Ehrings neuem Programm "Antikörper". Das verspricht laut Ankündigung keine Corona-Heilung, wohl aber eine Linderung der psychosomatischen Nebenwirkungen. An Justus zeigt nahezu das ganze Spektrum dieser Folgewirkungen, die die Gesellschaft immer mehr spalten - und so manche Freundschaft auf die Probe stellen.

Natürlich habe die Politik viele Fehler gemacht, räumt der Kabarettist auf der Bühne ein: "Jetzt hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach zum Beispiel eine Studie vorgestellt, dass die Kita-Schließungen nicht notwendig waren. Dort gab es verhältnismäßig wenig Ansteckungen. Aber wusste man das schon vor zwei Jahren?" Ehring zieht einen amüsanten Vergleich: "Wie ist das, wenn Sie Pilze sammeln und welche dabei sind, die sie nicht kennen. Überlegen Sie sich da auch, was sinnvoll ist?" Würde man dann unbekannte Pilze einfach mit in die Pfanne tun und seiner Familie servieren? Diese Frage macht das Dilemma der Kita-Schließungen klar. Ehrings Antwort ist eindeutig: "Ob Sie die Pilze ausprobieren, kommt natürlich auf die Familie an."

Hier ist doch die Welt noch in Ordnung

So ließ der Kabarettist, den das Publikum aus seiner eigenen Fernsehsendung extra 3 und der heute-Show kennt, die vergangenen zwei Pandemie-Jahre Revue passieren, die zugleich die vielen anderen Probleme offenlegten, die es in der Welt noch gibt. Wie den Klimawandel und die Unfähigkeit der Menschen, darauf zu reagieren: "Früher hatte wir bei jeder Autofahrt tausende toter Insekten auf der Scheibe." Heute sei das nicht mehr so. Doch den SUV-Fahrer, der mit seinem zwei Tonnen schweren Fahrzeug - mittlerweile elektrogetrieben - durch die Landschaft fährt, störe das nicht: "Wenn er durch den Wald heizt und alles Mögliche auf der Windschutzscheibe zermatscht ist, die plattgefahrenen Kröten noch an den Reifen kleben und eine Hirschkuh tot am Kühlergrill hängt, sagt er sich: "Hier ist doch die Welt noch in Ordnung."

Auch mit dem Krieg in der Ukraine wüssten wir nicht wirklich umzugehen: "Muss man darauf warten, dass Putin einen Abgang findet, bei dem er sein Gesicht wahre kann? Ich wüsste wer für sein Gesicht zuständig ist: Die Klitschko-Brüder." Andere seien überzeugt, dass jeder Angriff aufs Internet jetzt aus Russland käme: "Das muss der Putin sein. Obwohl - so langsam, wie das Netz hier ist, könnte es auch noch Breschnew gewesen sein." Wiederum andere demonstrierten gegen die Russland-Politik, weil das Referendum im Donbas doch zeige, dass die Annektion legitim sei. Christian Ehring macht das fassungslos: "Wen das Ergebnis überrascht hat, fragt sich bei der nächsten Papstwahl auch: Vielleicht wird es ja diesmal eine Frau?"'

Ein besonderer Dank an die Jugend

Einen besonderen Dank angesichts all dieser politischen Wirren in der Corona-Zeit sprach Christian Ehring den Jugendlichen aus, die unter den Lockdowns am leisten gelitten, aber am wenigsten geklagt hätten. Mit einem Hauch von Ironie erklärte er: "Das muss ich hier einfach mal sagen: Denn wo erreicht man die Jugendlichen besser als bei einer Kabarett-Veranstaltung am Freitagabend in Bestwig?"

Den Demonstranten, die - wie Justus - gegen Corona-Schutzmaßnahmen, Russland-Sanktionen, Migration und Klima-Aktivismus demonstrieren, wirft Christian Ehring dagegen vor allem eins vor: Bequemlichkeit. "Die wollen einfach, dass alles so bleibt wie immer. Das sind faule Säcke!" Und ihre Grundrechte wie die Meinungsfreiheit seien auch nicht eingeschränkt: "Es gibt genau drei Dinge, die man in der Öffentlichkeit nicht darf: Den Holocaust leugnen, Nazisymbole verwenden und zu Straftaten aufrufen. Nur wenn man eines dieser drei Dinge zum Hobby hat, ist man tatsächlich eingeschränkt."

Zum Schluss der zweistündigen Vorstellung gab es lang anhaltenden Applaus - und das uneingeschränkt.

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