Eine Botschaft, die lange nachwirken wird

Aeham Ahmad bringt die Leiden des Krieges und seine Hoffnung auf Frieden zum Klingen

Die Bilder, wie Aeham Ahmad in den Trümmern von Yarmouk, einem Stadtviertel von Damaskus, am Flügel sitzt und gegen alle Verzweiflung versucht, mit seiner Musik etwas Hoffnung zu verbreiten, gingen 2015 um die Welt. Dann flüchteten er und seine Familie nach Deutschland. Am Freitagabend spielte er wieder auf seinem Klavier - diesmal auf Einladung des Pastoralverbundes Meschede-Bestwig in Zusammenarbeit mit Kultur Pur in der Bestwiger Christkönigkirche. Und auch hier lagen in seiner Musik Verzweiflung und Hoffnung ganz nah beieinander.

Aeham Ahmad verzieht sein Gesicht, schraubt seine Stimme zu dem aufbrausenden Klavier nach oben. Das ist der Schmerz, den er immer noch in sich trägt. Doch dann wechselt er von den Dissonanzen zu Dur, beginnt zu lächeln und freut sich, dass er hier sein darf. Ein Privileg, wie er sagt - voller Dankbarkeit, dass er mit seiner Familie hier aufgenommen wurde. Erst seit einigen Wochen hat er endlich die deutsche Staatsbürgerschaft, wie er im Interview mit Ralf Becker verrät, der den Kontakt zu dem Musiker für dieses Konzert hergestellt hat. Und es ist das erste Mal, dass Aeham Ahmad überhaupt eine Staatsbürgerschaft besitzt. Denn vorher galt der Palästinenser in Syrien als staatenlos. Seine Heimat und sein Herz aber - die bleiben in Syrien. So sagte er es auch einem überraschten BBC-Reporter, der den Flüchtling bei seiner Ankunft auf der Insel Lesbos fragte, wie es sich anfühle, auf dem Boden der Freiheit angekommen zu sein: "Der Boden der Freiheit ist in Yarmouk."

Flucht mit Schleppern über das Mittelmeer

Im Wechsel mit seiner Musik lesen Michael und Barbara Gockel, Ruth Leibold und Ursula Klauke aus seiner Autobiografie "Und die Vögel werden singen". Darin beschreibt der Autor die Lebensumstände in Damaskus mit seiner Frau und den beiden kleinen Kindern zur Zeit des Krieges unter dem Assad-Regime, seine Flucht mit Schleppern über das Mittelmeer und über die Balkan-Route bis nach Deutschland, all seine Zweifel, ob es richtig war, seine Familie zunächst zurückzulassen, sein Gefühl, in Deutschland willkommen zu sein und über das Glück, seine Familie hier wenige Monate später wieder in die Arme schließen zu dürfen.

Das Bild, das durch die Nachrichten ging und in allen Zeitungen zu sehen war, zeigt ihn am Klavier zwischen den Trümmern. Doch "Bilder erzählen nie einen Anfang. Und sie verschweigen, was nach ihnen kommt", heißt es in den ersten Sätzen seines Buches. "Bis heute höre ich raunend sagen, dass es eines jeder Fotos sei, die man vom syrischen Krieg erinnern werde. Weil es größer als der Krieg sei."

Abgeschnitten von Wasser und Strom, von Brot und Reis

Assads Armee hatte die Menschen in seinem Viertel von der Außenwelt abgeschnitten. Von Wasser und Strom. Von Brot und Reis. Über 100 Menschen waren verhungert. Und da es auch keinen Kaffee und keinen Tee mehr gab, haben sich die Menschen einen Trunk aus Zimt gebraut, den sie mit Enthaarungspaste süßten: "Soweit waren wir gesunken."

Während der Musik und der Lesung herrscht in der Christkönigkirche konzentrierte Stille. Doch Aeham Ahmad lädt die Besucherinnen und Besucher immer wieder zum Mitsingen ein, um sich aus der Beklemmung zu befreien. Bei "Die Gedanken sind frei" oder "Freude schöner Götterfunke" stimmten alle mit ein. Der Künstler baut diese musikalischen Zitate und Melodien immer wieder in seine Lieder ein, die morgen- und abendländische Klänge in ganz eigener Weise miteinander verbindet. Ein musikalisches Zeugnis dafür, dass die Welt eins werden möge. Das ist seine Botschaft. Und die wird auch wunderbar transportiert, als er zum Abschluss des Konzertes mit dem Olsberger Gitarristen Roland Ruh  harmonisch improvisiert. So wachsen Kulturen zusammen.

Gespielt, bis die IS sein Klavier zertrümmert

Die Geschichte, wie er an seinem Klavier in den Trümmern spielt, ist eine Geschichte davon, wozu der Mensch fähig ist: "Es musste sein. Ich musste etwas tun." Sie erzählt davon, wie Aeham Ahmad singt, bis ein Mädchen neben seinem Klavier erschossen wird, bis die Terrororganisation Islamischer Staat sein Instrument zertrümmert, bis er in einen Kerker geworfen wird. Sie erinnert an das Orchester, das auf der Titanic bis zum Untergang spielt. Oder an Dietrich Bonhoeffer, der im Dezember 1944 aus dem Gefängnis wenige Monate vor seinem Tod im KZ das Gedicht "Von guten Mächten wunderbar geborgen" an seine Gelobte schrieb.

Und der Beginn dieser Geschichte sind jene Momente, bevor das Foto von ihm in den Trümmern entstand. Als Aeham Ahmad in dieser Kulisse wie Grabmäler aufragender Betongerippe die ersten Töne anschlagen will, bringt ihm eine Frau auf einmal einen Kaffee: "Dass jemand mit seinem Klavier an diesem trostlosen Ort aufkreuzte, erklärte sie uns, habe sie so sehr begeistert, dass sie ihren letzten Kaffee aufgebrüht habe. Den sie seit langem aufspare für einen besonderen Anlass. Und der sei jetzt." Sie sagte: "Was Ihr hier macht, ist sehr, sehr wichtig."

Hoffnung verbreiten. Und genauso wichtig ist die Botschaft, die Aeham Ahmad mit nach Deutschland bringt - gerade jetzt, wenn über Grenzschließungen und Zuwanderungsstopp gesprochen wird, der Fremdenhass zunimmt und Vorurteile wachsen. Er schreibt, spricht und singt "gegen falsche Vorstellungen, gegen Vereinfachungen und gegen die Bilder, die lügen."

Das Bild authentisch zum Klingen gebracht

Sein Bild lügt nicht. Aeham Ahmad bringt es mit großer Leidenschaft authentisch zum Klingen. Die 150 Besucherinnen und Besucher erlebten es mit. Und in ihnen klingt diese Botschaft sicher noch lange nach.

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