Ein Dichterwettstreit voller nachdenklicher und witziger Augenblicke

Das Publikum vergibt beim ersten Bestwiger Poetry Slam gute Noten

Eine Bühne, fünf Vortragende und das Publikum als Jury: Am Freitagabend richtete Kultur Pur in der Filiale der Sparkasse Mitten im Sauerland - die auch Hauptsponsor des Vereins ist - unter dem Thema „Tausend Berge?!“ seinen ersten Poetry Slam aus. Und die 50 Besucherinnen und Besucher belohnten die Poetinnen und Poetinnen mit viel Applaus.

Die höchste Eskalationsstufe übte Moderatorin Davina Sauer gleich zu Beginn des Abends mit dem Publikum ein. Und sie wurde im Folgenden mehrfach erreicht. Dabei beinhalteten die Themen und literarischen Formen alles, was ein Poetry Slam bieten kann: Lyrik und Prosa, Ernsthaftigkeit und Humor, Tiefgang und Leichtigkeit.

Mit den Kindern in den Tod gegangen

So begann der Abend mit einem eher besinnlichen Text von Jan Malz über das Selbstwertgefühl: „Mach Dich unabhängig von dem Applaus, der vielleicht nie kommt.“ Er bekam ihn aber. Und direkt danach schloss Anna Liza Azur mit einem sehr nachdenklichen Gedicht über den Pädagogen Janusz Korczak an, der mit den Kindern eins Waisenhauses im Konzentrationslager Treblinka selbstlos in den Tod ging: „Er blieb bei seinen Kindern bis zum Schluss. Aus freien Stücken, nicht weil er muss.“ Einfühlsam beschrieb die mehrfache Preisträgerin, wie Korczak die Kinder mit Gesang und Tanz bei Laune hält, während er selbst „Wehmut atmet“. Dieser Text passte auch zum 80. Jahrestag des Kriegsendes. Er ging unter die Haut.

Ganz anders dann die witzigen Betrachtungen von Jens Pruß zum Thema Wiedergeburt. Darauf hofft er, da er sich weder gesund ernährt, noch gerne Sport macht. „Aber was ist, wenn die Geburtenrate sinkt und dann kein Platz mehr ist für alle, die wiedergeboren werden sollen? „ Dann heißt es: „Tut mir leid. Menschen sind gerade aus. Aber ein Leben als Ratte hätten wir noch im Angebot.“ Für Friedrich Merz seien bereits zwei Plätze reserviert. Warum zwei? „Der braucht immer zwei Anläufe. Aber das ist eine andere Geschichte...“

Telefongespräche in der Bahn

Witzig auch die Selbstbetrachtung von Hendrik zur Mühlen, der nie Nein sagen kann - und deshalb zu einem beliebten Umzugshelfer wurde. Und der sich im zweiten Durchgang des Abends seinen Beobachtungen in der Bahn widmete, wo man ungewollt viele Gespräche mitbekommt, weil andere so gerne laut telefonieren. „Schatz, ich konnte heute Morgen gar nichts essen. Weißt Du warum?“ Oh wie schnulzig. Natürlich wussten das alle im Waggon und hofften darauf, dass er es nicht weiter ausführt. Doch dann sagt der Verliebte: „Weil ich immer an Dich denken muss.“ Und die Angebetete findet das auch noch süß. Selbst dann als er ihr sagt, dass er auch mittags und abends nicht essen kann. Zu bunt wurde es Hendrik zur Mühlen aber, als der Bahnreisende dann noch die Frage stellt: „Ich konnte heute Nacht auch gar nicht schlafen. Weißt Du warum?“ - „Natürlich!“, fallen ihm da die Mitreisenden da ins Wort - „weil Du Hunger hast!“

Über die Rollenklischees von Männern und Frauen

Als Sam Sackbrook die Zuschauer anschließend per Applaus darüber abstimmen ließ, ob sie lieber eine Geschichte über Harry Potter oder Sex hören wollten, herrschte bei Harry Potter Schweigen. Also ging's bei ihm um Sex. Und er analysierte sehr feinfühlig, dass es dabei nicht nur auf den Orgasmus ankommt: "Manchmal ist Sex vielleicht einfach nur Lachen." Schon in seiner ersten Geschichte beeindruckte der Paderborner aus seiner Perspektive als nicht-binärer, queerer Mensch mit seinen Betrachtungen über Männer- und Frauenklischees.

Und darum ging es auch in der zweiten Geschichte von Anna Liza Azur: Von Männern, die nicht männlich sind: „Aber Du sollst wissen, dass ich starke Schultern habe und Dich darauf trage. Du bist kein Alphatier. Aber alles was ich will, das habe ich bereits mit Dir.“ Denn viel wichtiger als Männlichkeit sei doch die Menschlichkeit.

Die Kuh vom Eis geholt

Danach schloss Jan Malz, der den Abend mit dem Thema Selbstwertgefühl so passend begonnen hatte, mit einem leichten Thema ab: Es ging um deutsche Sprichwörter. „Was bedeutet es, die Kirche im Dorf zu lassen? Wer käme denn auf die Idee, eine ganze Kirche abzubauen und woanders wieder aufzubauen?“ Und wie kommt die Kuh, die man vom Eis bekommen will, eigentlich dorthin?

Dieser humoristische Blick auf die deutsche Sprache, mit der alle Vortragenden so unterschiedlich arbeiten , war der passende Abschluss nach zwei Stunden voller nachdenklicher und witziger Augenblicke. Auch wenn die tausend Berge kaum thematisiert wurden, so war der Abend doch ein spannendes Auf und Ab der Gefühle. Und so sparte das Publikum auch nicht mit guten Noten auf der Skala von eins bis zehn bei diesem ersten Bestwiger Poetry Slam, den Anna Liza Azur schließlich gewann. Doch die stehenden Ovationen für die fünf Vortragenden und Moderatorin Davina Sauer zeigten: Auch die Gesamtnote stimmte.

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